Krise? Welche Krise? …

22. Juli 2010 | Von | Kategorie: Information

Nach der Krise an den Finanzmärkten diskutieren mittlerweile auch viele Unternehmen, inwiefern aus dieser Situation eine Wirtschaftskrise entstehen könnte bzw. welche Auswirkungen die neuen Rahmenbedingungen auf die Augenoptikbranche haben.

Auf den Unternehmertagungen im IV. Quartal 2008 und bei den 300 Teilnehmern der IBU Seminare im Januar 2009 stand das Thema Finanzkrise natürlich ganz oben auf der Tagungsordnung. Aber im Gegensatz zu den befürchteten negativen Einschätzungen der teilnehmenden Augenoptiker war das Fazit eher moderat und kann mit dem Satz „Krise? Welche Krise?“ am besten auf den Punkt gebracht werden. Viele Betriebe spüren noch keine negativen Veränderungen, da die Auswirkungen der Finanzkrise in vielen Lebens- und Unternehmensbereichen noch „theoretischer“ Natur ist.

Allein die Bezeichnung „drohende“ Wirtschaftskrise sagt ja bereits aus, dass diese noch gar nicht real „angekommen“ ist. Viele Menschen werden lediglich mit negativen Nachrichten konfrontiert. Nicht selten hat es den Anschein, dass die Krise „virtuell“ zwischen den Banken ausgetragen wird. Milliarden Euro wechseln da den Besitzer… oder auch nicht. Große Vermögen werden vernichtet… real oder virtuell… wie auch immer! Beim „gemeinen Volk“ kommt dieser Schmerz zunächst nicht an. Dass sich viele Spekulanten „verzockt“ haben, bringt bei vielen Menschen maximal ein leichtes Lächeln auf die Lippen.

Aber es gibt auch eine andere Wahrheit. Dadurch, dass die Geldmenge kurzfristig nicht mehr in ausreichender Menge zur Verfügung steht, bzw. von den Banken aus verschiedenen Gründen nicht bereitgestellt wird, wird die Kreditvergabebereitschaft hierdurch natürlich eingeschränkt. Die Folge:

  • Unternehmer bekommen nicht „grundsätzlich“ mehr ein Darlehen. Die Bedingungen fĂĽr die Kreditvergabe können sich verschärfen und die Forderung nach Sicherheiten erhöht sich.
  • Die PrĂĽfung bestehender Kredite wird verschärft werden und es besteht die Gefahr von DarlehenskĂĽndigungen, wenn die Darlehen nicht rechtzeitig bedient werden bzw. es zu Tilgungsausfällen kommt.
  • Lieferanten reduzieren ihr Engagement fĂĽr Anlagefinanzierungen bei Augenoptikern, da auch die Lieferanten ihre Liquidität schonen mĂĽssen.
  • Unternehmensverkäufe fĂĽr Geschäftsgrößen zwischen 300T€-500T€ werden schwieriger, da diese Betriebe zum Teil noch von Einzelpersonen gekauft werden, die nicht ĂĽber ausrechende Sicherheiten verfĂĽgen, um so ein Engagement aufzubringen.

Die Verbraucher könnten ebenfalls durch die Veränderung ihres Kaufverhaltens zu einer Veränderung der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen beitragen. Nicht, weil sie direkt von der Krise betroffen sind, sondern vielmehr aus Angst, es könnte auch sie irgendwann einholen… Die Psychologie spielt hier eine wesentliche Rolle. Folgende Szenarien sind hier denkbar, die negative aber auch positive Auswirkungen haben können:

  • Rentner reduzieren ihren Konsum aus Angst, dass ihr Erspartes vielleicht doch nicht fĂĽr ein entspanntes Leben reicht.
  • Ferner unterstĂĽtzen Rentner ihre Kinder nicht mehr so selbstverständlich und kĂĽrzen das „Sponsoring“ der Kinder und Enkelkinder, was natĂĽrlich wiederum Auswirkungen auf den Konsum dieser Zielgruppen haben könnte.
  • Das Beschaffungsverhalten verändert sich (Kunden werden wechselbereiter) oder das Kaufintervall verlängert sich, da verschiedene Verbrauchergruppen vielleicht den Ersatzbedarf um einige Monate oder vielleicht ein Jahr verschieben (siehe hierzu auch den Artikel auf www.ibu-optik.de 100% Kundenbindung, bei -20% UmsatzrĂĽckgang)
  • Kunden kaufen bewusster und wollen einen Verkäufer, dem sie „vertrauen“ können. Angebote, vermeintliche Schnäppchen etc. wirken hier eher „abschreckend“ als „verlockend“.

An diesen wenigen Beispielen zeigt es sich bereits: des einen „Leid“ ist des anderen „Freud“. Auswirkungen, die für den einen Unternehmer negativ sind, können für andere Augenoptiker eher positiv sein. So stellt die IBU in 2008 fest, dass gerade die Betriebe als Gewinner aus dem „Rennen“ gegangen sind, die sich als solider Anbieter im Markt aufgestellt haben, authentisch im Markt auftreten und ihre Kernkompetenzen konsequent am Markt kommunizieren. Der Rabattwahn wird auf der anderen Seite bei vielen Augenoptikern noch zunehmen. Teilweise aus reiner Verzweiflung, andererseits geschürt durch diverse Industrievertreter, Fassungshersteller, Einkaufsgruppen oder Werbeverkäufer, die in den niedrigen Preissegmenten immer noch das „Renditewunder“ vermuten oder noch daran glauben, die Menschen über billige Angebote ins Geschäft zu locken, um anschließend teuer zu verkaufen. Ein Geschäftsgebaren, das vielerorts bereits ausgedient hat und in den Regionen, in denen es vermeintlich funktioniert, mittelfristig eher einen Flurschaden anrichtet.

Achten Sie in 2009 aus diesem Grund besonders auf Ihre Kommunikation! Lesen Sie Werbekonzepte lieber zweimal und fragen Sie sich, ob die Aktionen wirklich Ihrem Unternehmen entsprechen, ob Sie die Aktionen glaubwürdig kommunizieren können, und ob die Welt diese Art der Kommunikation überhaupt braucht. Hierbei sollten Sie nicht dem Missverständnis erliegen, dass Verbraucher vielleicht keine Angebote mögen! Die Menschen mögen attraktive Preise, aber nicht unbedingt billig!

Achten Sie in 2009 auf folgende Dinge:

  1. Prüfen Sie, inwieweit die drohende Wirtschaftskrise positive oder negative Auswirkungen auf Ihre Liquidität hat. Erarbeiten Sie hierzu verschiene Szenarien.
  2. Prüfen Sie die Zahlungsmodalitäten bei Ihren Lieferanten und nutzen Sie bei Bedarf variable Zahlungsziele (so bietet die IBU z.B. seinen Werbejahreskunden bis zu 12 Monatsraten als Zahlungsmöglichkeit der Werbemittel an).
  3. Bauen Sie keine unnötigen Lagerbestände auf. Schonen Sie Ihre Liquidität und machen Sie sich eine Einkaufsplanung, in der Sie den Einkaufsetat festlegen, bevor der Vertreter im Geschäft steht, und kaufen Sie nur das, was Sie brauchen bzw. sich leisten wollen (am besten teilen Sie Ihren Fassungseinkaufsetat auf die verschienen Hersteller auf, mit denen Sie in 2009 Geschäfte machen wollen. Passen Sie Ihren Einkauf entsprechend an, falls die Umsätze zurückgehen).
  4. Seien Sie vorsichtig bei so genannten „Board-Management“ Fassungseinkäufen. In unzähligen Diskussionen zwischen Augenoptikern konnten wir hier wiederholt feststellen, dass es bei vielen Einkaufsangeboten nicht immer mit rechten Dingen zugeht. Halten Sie aus diesem Grund immer alle „Versprechungen“ und „Verabredungen“ Ihrer Vertreter schriftlich fest und lassen Sie sich diese immer unterschreiben.
  5. Prüfen Sie Ihren kurz-, mittel- und langfristigen Kapitalbedarf. Falls Sie mittelfristig Darlehen für Ersatzbeschaffungen benötigen, prüfen Sie, wie viel Eigenkapital bzw. Sicherheiten Sie hierfür bereitstellen müssen. Prüfen Sie hierzu auch die bestehenden Sicherheiten bei Ihrer Bank.
  6. Erstellen Sie eine Finanz- und Liquiditätsplanung und prüfen Sie einmal im Quartal, ob Sie Ihre Finanzziele erreichen.
  7. Definieren Sie Ihre Kernkompetenzen im Unternehmen und loten Sie aus, in welchen Bereichen Sie „wachsen“ bzw. Sie „Geld verdienen“ können. Stellen Sie Ihre Marketingmaßnahmen bzw. Werbung auf Ihre Leistungen ab. Zeigen Sie Ihren Kunden, was „in Ihnen“ steckt.
  8. Prüfen Sie, inwieweit Sie mit Preis-Angeboten Ihre Liquidität verbessern können. Sollte Ihnen das nicht gelingen, Sie z.B. die erforderlichen Stückzahlen nicht realisieren können, ändern Sie Ihre Werbestrategie (lesen Sie hierzu auch den Artikel „Geld verdienen mit Gleitsichtgläsern“, der eindrucksvoll die Auswirkungen von Billigangeboten im Gleitsichtsegment verdeutlicht).
  9. Haben Sie schon einmal erfolgreich Ihre Sehberatungsfähigkeiten in Szene gesetzt? Wundern Sie sich nicht, wenn Menschen Ihr Unternehmen aufsuchen und mit einem Lächeln Ihre Kompetenz zu würdigen wissen und nach einer ausführlichen Sehberatung gerne eine „normale“ Brille kaufen und nicht auf dem Wühltisch nach irgendwelchen Schnäppchen herumkramen. Nehmen Sie das Thema Sehberatung bewusst in Ihre Werbeplanung mit auf.
  10. Überprüfen Sie Ihre Glaspreisberatungspolitik. Empfehlen Sie nicht grundsätzlich nur Markengläser oder, aus Angst zu teuer zu sein, billige Handelsgläser. Lassen Sie den Kunden entscheiden und lassen Sie Ihm die Wahl, ob er das geeignete Produkt (z.B. ein Komfortgleitsichtglas) von einem Markenglaslieferanten kaufen möchte oder von einem preiswerteren Handelsglaslieferanten. Machen Sie Ihrem Kunden aber auch klar, dass dort, wo nicht ZEISS, Rodenstock oder Essilor draufsteht, auch nicht unbedingt eine Marke drinsteckt. Wundern Sie sich nicht, wenn Ihre Kunden dann bereit sind, die Marke zu kaufen und die Marke zu bezahlen. Menschen mögen Qualität. (Informieren Sie sich hierzu auch zu der IBU-Glaspreisberatungsphilosophie).